Wo sich Gegensätze zu einem Gemeinsamen fügen
Teils verstörend, teils humoristisch – die Skulpturen von Christian Rösner sind voller Gegensätze. Ein großflächiges Kunstwerk von ihm ziert eine Hausfassade am Nordring in Nürnberg. Die Jury des Forums Kultur der Europäischen Metropolregion Nürnberg wählt den Bildhauer zum Künstler der Metropolregion.
Ein überlebensgroßer Mann aus Pappelholz, die Beine stecken in einem Betonklotz, sein Kopf verschwindet im Maul eines riesigen Hais, der sich im 90-Grad-Winkel von der menschlichen Figur wegspreizt. Kunstinteressierte der Metropolregion wissen sofort, was sie vor sich haben: Eine Skulptur von Christian Rösner. Den in Bamberg geborenen, in Nürnberg lebenden Bildhauer zeichnen seine konsequente Formensprache sowie sein stetes Ringen um bildhauerische Fragestellungen aus. Seine Inhalte sind teils verstörend, teils humoristisch.
Gegensätze auf allen Ebenen springen beim Betrachten von Rösners Kunst sofort ins Auge: Da steht die oft überdimensionierte Holzplastik neben fast schon miniaturhaften Kleinbronzen, die beide gleiche Motive zeigen. Da sind Themen, die sich auf das Existenzielle beziehen, auf das Wesentliche des Seins, aber mit Ironie oder Witz dessen Schwere brechen. Da ist die Natur Vorbild für die immer figurativen Darstellungen. Sie sind aber keine Naturnachahmungen, sondern ergeben sich aufgrund von Formfragen und zeigen Spuren ihres Entstehungsprozesses deutlich auch im fertigen Werk. Da gibt es ungewöhnliche Materialkombinationen, vor allem aber Kombinationen von tierischen und menschlichen Geschöpfen in Figurengruppen, die zunächst befremden.
Formfindung, Körper, Volumina, Raum, Geometrie, Statik – um all dies auszuloten, geht Christian Rösner stets gleich vor: Er entwickelt die Idee und setzt diese zeichnerisch um. Dieses Bild ist der Inhalt der Skulptur. Um zu klären, wie sie räumlich funktioniert, kommt die Raumskizze als Vorarbeit. Wachsmodelle werden geschaffen, um Proportion und Gefüge zu entwickeln. Oft folgen kleine Bronzen, die sowohl als Kunstwerke für sich stehen, aber zugleich auch Ausgangspunkt für die weitere „Übersetzung“ in eine Großplastik sein können. Findet das Bild seine Form auch in Holz – meist aus Pappel, aber auch in Eiche oder Tanne – arbeitet es Rösner unter großem Kraftaufwand mit der Motorsäge heraus.
Der Aufbau, das Gefüge ist für Rösner der wichtigste handwerkliche Aspekt dieser Skizzen. Erstaunlich dabei: Viele Skulpturen und Plastiken tragen Bewegung in sich, verharren aber in Posen. Denn es geht Rösner nicht um die Darstellung von Bewegung, sondern um geometrische Ordnung, die nicht versucht, einer Realität zu entsprechen, sondern die zum Ausdruck bringt, was bildhauerisch möglich ist.
Christian Rösner nur als Bildhauer zu schildern, hieße ihn jedoch unzulässig zu reduzieren. Er ist Künstler durch und durch. Rösner zeichnet, malt und auch die Graphik hat es ihm angetan, die Radierung, der Linolschnitt – letzterer vor allem in Übergrößen. Er experimentiert mit Prägungen auf Papier und Material wie Leder. Er schafft auch in Ton. Schalen, Vasen, figurativ bemalt, erinnern sie zuweilen an schwarzfigurige griechische Keramik.
„Ich habe die Freiheit zu machen, was ich will“, sagt der Künstler – und ist damit in einer privilegierten Position. Dabei scheint sein Werdegang nur folgerichtig: Schon als Kind schnitzte er Tierfiguren für die ganze Verwandtschaft. Und Tierfiguren fertigt er auch heute noch. Nach seinem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg bei Christian Höpfner, arbeitet er seit 1998 freischaffend
Aktuell arbeitet Rösner an einem Porträt des Schriftstellers Ludwig Fels für Treuchtlingen sowie an einer Wettbewerbsrealisierung für Burgebrach. Seine Arbeiten sind im öffentlichen Raum zum Beispiel im Eingangsbereich des Tiergartens oder an einer Hausfassade am Nordring Nürnberg zu sehen. Gerade ist in der Sebalduskirche noch die Arbeit Putin und der Teufel mit Mopsgesicht zu sehen.
Mehr Bilder und Informationen unter www.christian-roesner.de
Alle bisher ausgezeichneten Künstlerinnen und Künstler der Metropolregion Nürnberg sind zu finden unter www.metropolregionnuernberg.de/kuenstlerinnen-der-metropolregion-nuernberg